Seit mittlerweile zwei Jahren bietet die KERN Bildungsgesellschaft erfolgreich die Weiterbildung zum Rettungssanitäter Plus an und war dabei die erste Schule in Brandenburg, die dieses innovative Ausbildungskonzept eingeführt hat. Nach aktuellem Stand ist uns keine andere Bildungseinrichtung im Land bekannt, die diese Zusatzqualifikation bereits vor uns angeboten hätte. Das Konzept erfreut sich zunehmender Beliebtheit, zieht mittlerweile Teilnehmer aus mehreren Bundesländern an und findet damit auch überregional großen Zuspruch. Dadurch gewinnt es stetig an Bedeutung für den deutschen Rettungsdienst – auch wenn die Einsatzmöglichkeiten je nach Region und Träger unterschiedlich geregelt sind.
Erweiterte Einsatzmöglichkeiten und regionale Implementierung
Die Qualifikation zum Rettungssanitäter Plus eröffnet vielfältige neue Einsatzmöglichkeiten. So werden beispielsweise in Nordrhein-Westfalen Rettungssanitäter Plus bereits bei einzelnen Trägern als Einsatzführer auf Notfall-Krankentransportwagen (NKTW) eingesetzt. In Berlin übernehmen sie – abhängig von den Vorgaben des Rettungsdienstträgers – verantwortungsvolle Aufgaben als Maschinisten auf Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) und besetzen eigenständig Rettungswagen der Kategorie B. Diese erweiterten Einsatzgebiete helfen nicht nur dabei, den akuten Fachkräftemangel abzumildern, sondern steigern zugleich die Effizienz und Flexibilität innerhalb des Rettungsdienstes. Eine bundeseinheitliche Regelung für diese Aufgaben gibt es derzeit nicht, die Anerkennung erfolgt regional in Absprache mit der jeweils zuständigen Ärztlichen Leitung Rettungsdienst oder auf Grundlage interner Dienstanweisungen.
Schließung der Kompetenzlücke zwischen Rettungssanitäter und Notfallsanitäter
Durch die Einführung des Berufsbildes Notfallsanitäter im Jahr 2014 hat sich die rettungsdienstliche Ausbildung in Deutschland wesentlich verändert. Während die Ausbildung vom Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter deutlich aufgewertet wurde, blieb die Qualifikation des Rettungssanitäters weitgehend unverändert. Daraus entstand eine deutliche fachliche Lücke im Team, insbesondere bei gemeinsamen Einsätzen auf Rettungswagen, wo Rettungssanitäter oft deutlich weniger Handlungskompetenz besaßen als ihre notfallsanitäterqualifizierten Kollegen.
Genau hier setzt die Weiterbildung zum Rettungssanitäter Plus an: Sie ermöglicht erfahrenen Rettungssanitätern ein gezieltes Upgrade ihrer Kompetenzen. Voraussetzung für die Teilnahme an der Weiterbildung ist entweder mindestens ein Jahr Berufserfahrung im Rettungsdienst in Vollzeit oder die Qualifikation als sogenannter Rettungssanitäter 100 (RS 100). Unter RS 100 wird verstanden, dass Rettungssanitäter nach ihrer abgeschlossenen Grundausbildung zusätzlich mindestens 100 Notfalleinsätze als drittes Teammitglied begleiten und dokumentieren. Erst nach Erfüllung dieser Voraussetzung sowie nach Bestehen einer zusätzlichen theoretischen und praktischen Prüfung erfolgt die Qualifikation zum Rettungssanitäter Plus. Die Weiterbildung stärkt ihre Sicherheit und Handlungskompetenz, was wiederum die Zusammenarbeit und Kommunikation innerhalb der Rettungsteams verbessert. Rettungssanitäter Plus können Notfallsituationen eigenständig erkennen, priorisieren und geeignete Maßnahmen frühzeitig einleiten. Diese zusätzlichen Kompetenzen erhöhen spürbar die Qualität der Patientenversorgung und entlasten Notfallsanitäter bei schweren Einsätzen, wo ihre erweiterten Fähigkeiten dringend gebraucht werden.
Erweiterte Kompetenzen und rechtliche Rahmenbedingungen
Rettungssanitäter Plus erhalten eine fundierte Zusatzqualifikation, die sie dazu befähigt, in definierten Situationen auch weiterführende Maßnahmen anzuwenden. Hierzu zählen unter anderem ausgewählte pharmakologische Interventionen, das Durchführen invasiver Techniken (z. B. i.v.-Zugang, i.m.-Injektionen oder die Anwendung bestimmter Atemwegstechniken) und die strukturierte Patienteneinschätzung nach erweiterten Algorithmen. Wichtig hierbei ist, dass diese Maßnahmen rechtlich über den rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB) abgesichert sind, in einzelnen Bundesländern zusätzlich unter ärztlicher Delegation erfolgen und zwingend durch standardisierte Arbeitsanweisungen (SOPs) geregelt werden müssen. Die konkreten Kompetenzen variieren je nach Bundesland, Rettungsdienstgesetz, den Vorgaben der örtlichen Rettungsdienstträger und der ärztlichen Leitung.
Abgrenzung und Vergleich zum ehemaligen Rettungsassistenten
Der Rettungssanitäter Plus ist kein staatlich geregeltes Berufsbild und damit rechtlich nicht gleichgestellt mit dem ehemaligen Rettungsassistenten (RA), der bis 2014 als zweijähriger, staatlich anerkannter Ausbildungsberuf galt. Inhaltlich schließt der RS Plus in einzelnen Kompetenzbereichen eine Lücke zwischen Rettungssanitäter und Notfallsanitäter und deckt teilweise Aufgaben ab, die früher auch Rettungsassistenten ausführen durften. Eine bundesweite Gleichstellung existiert nicht. Allerdings gibt es regionale bzw. betriebliche Gleichsetzungen – beispielsweise beim ASB Frankfurt, der RS Plus seit April 2025 in derselben Gehaltsstufe wie Rettungsassistenten eingruppiert.
Ausblick: Zukunftsfähige Weiterbildung im Rettungsdienst
Die Weiterentwicklung der Ausbildung im Rettungsdienst ist ein kontinuierlicher Prozess, und die Debatte um eine mögliche Verlängerung der Rettungssanitäterausbildung von derzeit 520 Stunden auf zukünftig bis zu 12 Monate wird in Fachkreisen aktiv geführt. Eine gesetzliche Neuregelung liegt derzeit jedoch nicht vor. Bis zu einer möglichen Einführung eines neuen, bundeseinheitlich geregelten Berufsbildes bleibt die Weiterbildung zum Rettungssanitäter Plus eine praxisnahe, erprobte und wirksame Option, um die derzeitige Lücke im Rettungsdienst effektiv zu schließen und aktiv den Herausforderungen des Fachkräftemangels entgegenzuwirken.
Weitere Informationen zur Weiterbildung finden Sie unter: https://www.kern-bildungsgesellschaft.de/ausbildungen/rettungssanit%C3%A4ter-plus-elearning/

Über den Autor
Christopher Kern ist Medizinpädagoge mit Schwerpunkt Rettungsmedizin und Schuldirektor der KERN Bildungsgesellschaft. Seine Leidenschaft gilt prägnanten und aussagekräftigen Blogbeiträgen, mit denen er das Angebot der KERN Bildungsgesellschaft durch fundierte Informationen beleuchtet und wichtige Schwerpunktthemen behandelt. Darüber hinaus beschäftigt sich Herr Kern in seinen Beiträgen mit pädagogischen Strategien zur Optimierung der Lehre im Bereich der Rettungsmedizin.